Samstag, 4. Juni 2011

Joe Hill - Heart-Shaped Box



Die frühe Neuzeit des Horrorromans, die ich nun nahezu willkürlich in den 70er Jahren ansiedeln möchte, zeichnet sich durch ein besonders abstoßendes Merkmal aus. Die idealisierte Familie. Glücklich ist diese Familie. Liebenswert bodenständig. Aufs engste verbunden mit den Grundwerten ihrer Zeit agiert sie als ganzes wie das lebendig gewordene Klischee des amerikanischen Vorstadthäuschentraums. Es scheint immer eine Veranda zu geben auf der in kinderfreien Abendstunden Bier getrunken wird und tagsüber schenkt dort dauernd jemand selbst gemachte Limonade nach. Sie sind perfekt und leben das perfekte Leben.
Bis ES auftaucht und alles zerstört. Die Idee dahinter ist wohl, dass der Leser sich mit dieser idealen Version seiner selbst identifiziert und somit im Verlauf des Grauens stärker mitleidet. Bei mir hat das nie funktioniert. Ich konnte die Leute schon nach den ersten fünf Seiten nicht leiden. Aufkeimende Schadenfreude war die Folge.

War das bei der Lektüre von Heart Shaped Box anders?
Schauen wir uns die Ausgangssituation an:

Die ideale Familie:
Der gealterte Heavy Metal Star Jude, seine Gothgirl-Freundin mit Strippervergangenheit und zwei deutsche Schäferhunde.

Das Haus:
Eine Ranch angefüllt mit einer makaberen Sammlung.

Der Wendepunkt:
Eine Onlineauktion.

Das ersteigerte Objekt:
Ein Poltergeist.

Die Folgen:
Ein neuer Mitbewohner.
Ein starker Temperaturabfall im Haus.
Eine Vielzahl unterschiedlichster Verletzungen mit einem gefühlten Blutverlust von 10Litern.
Ein Roadtrip in die Vergangenheit der Protagonisten.

Ein Buch, wie ein intelligenter Slasherfilm. Eigentlich mehr Film als Buch. Angefüllt mir beunruhigenden Bildern. Voller Angst, Gewalt und psychischer Untiefen. Aber deshalb noch lange nicht plump oder primitiv.
Denn es geht zugleich um Liebe, um festhalten und loslassen müssen.
Wirklich Lesenswert (für all jene die Blut sehen können).

Zum Probelesen:
http://www.nekonata.com/fce/0061147931.htm

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