Freitag, 30. September 2011

Secret World

(‘thinking’ by Luís Alves)

"Everybody has a secret world inside of them. All of the people of the world, I mean everybody. No matter how dull and boring they are on the outside, inside them they've all got unimaginable, magnificent, wonderful, stupid, amazing worlds. Not just one world. Hundreds of them. Thousands maybe." (The Sandman - Neil Gaiman)

Donnerstag, 29. September 2011

6 Dinge, die sie über das häufigste Gebildbrot Deutschlands wissen sollten

(Quelle: ansichtskarten-center.de)


1.) Einige Verse zur Entstehung

Der Uracher Brezelbäck
Es war einmal ein Brezelbäck
dem sprach der Graf das Leben weg
doch weil er guten Leumunds war
bot ihm der Graf ein' Rettung dar:
Back ein Brot lieber Freund
durch das die Sonne dreimal scheint
dann wirst du diesmal nicht gehängt
das Leben sei Dir frei geschenkt"
Der schlaue Bäck bedachte sehr
drei Tage braucht' er und nicht mehr
dann brachte er mit sichrem Schritt
dem Grafen eine Brezel mit.
Er hielt sie ihm vors Auge hin
die Sonne dreimal dadurch schien
der Graf, er lächelte darauf
und aß die ganze Brezel auf.
Drum kauf' dir Brezeln liebes Kind
weil die so sehr historisch sind !

2.) Einige Worte zur Etymologie

"Wort und Sache sind hauptsächlich mit dem oberdeutschen Raum verbunden, und alle Dialektvarianten sind bereits im Mittelalter belegt; sie gehen allesamt letzten Endes auf Ableitungen von lat[einisch] brachium ‚Arm‘ zurück (spätlat[einisch] auch brāc[c]hium [...]): eines der vielen lat[einischen] Lehnwörter der aufblühenden karolingischen Klosterkultur. Hier handelt es sich um die Bezeichnung für ein urspr[üngliches] ‚Devotionsgebäck‘, darum noch heute in katholischen Gegenden Oberdeutschlands besonders heimisch [...]). Das Benennungsmotiv sind die verkreuzten Enden, die mit ineinander geschlungenen Armen verglichen wurden." (Quellen: u.a. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache)

3.) Einige Brezelvokabeln - Zur Erweiterung des Wortschatzes

Breznsoizer (Brezensalzer) - eine Person, die untergeordnete Tätigkeiten ausübt. (Der Begriff stammt vermutlich aus der Umgangssprache der Bäcker, die das Salzen der Brezeln gerne den Lehrlingen überließen.)

Sich/etwas zerbrezeln - stürzen, verunfallen, zerstört werden

Jemandem eine Brezn geben - jemanden verbal oder körperlich attackieren

sich aufbrezeln - gut anziehen, schminken, sich herausputzen

eine Brezel haben / A Brezg em Gsicht - betrunken / angeheitert sein.

4.) Völlig unnützes Wissen

Das Bremer Zentrum für Literaturdokumentation in der Germanistik des Fachbereichs Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Bremen nennt sich abgekürzt BreZeL.

5.) Einige Brezelbräuche

In vielen Gegenden ist es jahrhundertealter Brauch, am ersten Tag des neuen Jahres eine (süße) Brezel als Glücks- und Liebesbringer zu verschenken und zu verzehren.

In der Nacht zum 1. Mai malten in früheren Zeiten verliebte Jungs eine Brezel bei der heimlich Angebeteten auf das Scheunentor oder die Haustür. Ebenso wie sie eine Liebesbezeugung sein konnte, bedeutete sie – auf dem Kopf stehend – eine Schande für das Mädchen.


6.) Die Frage, die uns alle bewegt: Welcher Brezeltyp bist du?

Zum Test:
http://www.brezel-baecker.de/brezelgeschichte#kapitel15

(Quellen: brezel-baecker.de, Wikipedia)

Mittwoch, 28. September 2011

Tableau vivant

"Lebende Bilder (franz. Tableaux vivants), Darstellungen von Werken der Malerei und Plastik durch lebende Personen, die schon im römischen Altertum bei festlichen Gelagen von Gauklern und Tänzern, gewöhnlich am Schlusse von Pantomimen, zur Anschauung gebracht wurden. Von Rom verbreiteten sie sich über das Abendland, und namentlich nach Byzanz, wo sich die spätere Kaiserin Theodora, die Gemahlin Justinians 1., die in ihrer Jugend Tänzerin und Pantomimistin gewesen war, in Attitüden hervortat. In neuerer Zeit wurde das Genre durch Frau v. Genlis (s. d.), die Erzieherin der Kinder des Herzogs von Orléans, wieder belebt, die zur Belehrung und Unterhaltung ihrer Zöglinge dergleichen Darstellungen arrangierte und sich dabei der Hilfe der Maler David und Isabey bediente." (Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 281)

(tableau vivant created by visual artist Adad Hannah)

(The Raft of the Medusa, 1818-19, Théodore Géricault)

Dienstag, 27. September 2011

Samuel Beckett - Endspiel


"Endspiel (frz. Fin de partie, engl. Endgame) ist ein absurdes Theaterstück von Samuel Beckett aus dem Jahr 1956. [...] Die deutsche Premiere unter der Regie von Hans Bauer am 30. September 1957 im Schlossparktheater, Berlin, stieß auf so großes Unverständnis, dass das Stück bereits nach acht Vorstellungen abgesetzt wurde."
... zur Feier des sich diese Woche jährenden Unverständnisses, ein paar Ausschnitte:



HAMM: Ich werde dir nichts mehr zu essen geben.

CLOV: Dann werden wir sterben.

HAMM: Ich werde dir gerade soviel geben, daß du nicht sterben kannst. Du wirst die ganze Zeit Hunger haben.

CLOV: Dann werden wir nicht sterben. [...]

HAMM: [...] Ich werde dir einen Zwieback pro Tag geben. Pause. Anderthalb Zwieback. Pause. Warum bleibst du bei mir?

CLOV: Warum behältst du mich?

HAMM: Es gibt sonst niemand.

CLOV: Es gibt sonst keine Stelle.

Pause

HAMM: Und doch verläßt du mich.

CLOV: Ich versuch's.

HAMM: Du magst mich nicht.

CLOV: Nein.

HAMM: Früher mochtest du mich.

CLOV überdrüssig: Früher!

HAMM: Ich habe dich zuviel leiden lassen. Pause. Nicht wahr?

CLOV: Das ist es nicht.

HAMM entrüstet: Ich habe dich nicht zuviel leiden lassen?

CLOV: Doch.

HAMM erleichtert: Ah! Immerhin ! Pause. Kalt. Verzeihung. Pause. Lauter. Ich sagte: Verzeihung.

[...]

NELL ohne leiser zu sprechen: Nichts ist komischer als das Unglück, zugegeben. Aber . . .

NAGG entrüstet: Oh!!

NELL: Doch, doch, es gibt nichts Komischeres auf der Welt. Und wir lachen darüber, wir lachen darüber, aus vollem Herzen, am Anfang. Aber es ist immer dasselbe. Ja, es ist wie der gute Witz, der einem zu oft erzählt wird, wir finden ihn immer gut, aber wir lachen nicht mehr darüber. Pause. Hast du mir sonst noch was zu sagen?

[...]

HAMM: Clov!

CLOV gereizt: Was ist denn?

HAMM: Wir sind doch nicht im Begriff, etwas zu . . . zu . . . bedeuten?

CLOV: Bedeuten? Wir, etwas bedeuten? Kurzes Lachen. Das ist aber gut!

HAMM: Ich frage es mich. Pause. Wenn ein vernunfbegabtes Wesen auf die Erde zurückkehrte und uns lange genug beobachtete, würde es; sich dann nicht Gedanken über uns machen? Mit der Stimme des vernunftbegabten Wesens. Ah, ja, jetzt versteht ich, was es ist, ja, jetzt begreife ich, was sie machen! Clov zuckt zusammen, läßt das Fernglas fallen und beginnt, sich mit beiden Händen den Unterleib zu kratzen. Normale Stimme Und ohne überhaupt so weit zu gehen, machen wir selbst... gerührt wir selbst... uns nicht manchmal... Ungestüm. Wenn man bedenkt, daß alles vielleicht nicht umsonst gewesen sein wird !

(Quellen:http://de.wikipedia.org/wiki/Endspiel_%28Drama%29;
http://www.samuel-beckett.net/endspiel.htm)

Montag, 26. September 2011

Das meist besungene Thema ist fraglos die Liebe

Das meist besungene Thema ist fraglos die Liebe.
Denn die Liebe, Gefühl oder hormonelle Reaktion, verbindet.
Vor der Liebe (nicht etwa dem Gesetz) sind wir alle gleich.
Gleich hilflos. Gleich ausgeliefert. Gleich verloren.
Und im Idealfall gleich glücklich.
Glücklich mit jeder Faser unseres Körpers.
Eins in der Liebe. Vollständig.
Erfüllt von dem einen idealen Augenblick.
Besungen werden meist die Anfänge.
Erste Blicke. Erste Worte. Erste Nächte.
Das Gegenüber auf seine ansehnlichsten Körperteile reduziert.
Ganz Auge, Mund und Flammenhaar.
Teilweise ergänzt durch Stimme, die rauchig süße.
Sehnsucht, auch ein großes Thema.
Das absente Wesen, das vergangene
oder sogar nie da gewesene Glück wird beschworen.
Doch das auch ein gemeinsamer Weg
ein Ende hat bleibt gerne unerwähnt.
Wohl weil es sich dazu so schlecht schunkeln lässt.

Aufgrund ihres Seltenheitswertes verdienen es somit berührend-geistreiche Lieder über das Ende der Liebe verbreitet zu werden.



Frau von Ungefähr
Ungefähr, um fünf vor sechs,
verließ die Frau von nebenan den Mann,
der neben ihr noch schlief.
Sie nahm die Schlüssel von der Wand,
rang kurz nach Luft und verschwand dann.
Auf Nimmerwiedersehen wollte sie geh’n.

Die Tür schlug zu als sie erschrak
und an den Brief in ihrer Tasche dachte,
der den Mann betraf.
Den sie vor langer Zeit geschrieben hatte,
Wort für Wort verziert.
Von Nimmerwiedersehen stand da nichts drin.

Sie sprach von tosendem Meer,
das den Himmel verglüht,
von dem Tag, den die Nacht nicht zerbricht,
von verzehrenden Blicken, die keiner vergisst.
Good bye my love. Bis bald. Auf Wiedersehen!

Jetzt steht sie hier – im Hier und Jetzt.
Sie glaubt, es liegt was in der Luft,
doch nur die Zeit hat sie versetzt.
Die Tage kriechen vor ihr her.
Das Bett ist ohne sie zu leer.
Auf Nimmerwiedersehen kann sie nicht gehen.

Ungefähr, um fünf nach sechs,
legt sich die Frau von nebenan zum Mann,
der neben ihr noch schläft.
Sie zieht ihr Kleid ganz langsam aus und deckt sich zu.
Ein Wiedersehen, wie soll das geh’n?


(Quelle: http://17hippies.de/de/text/frau-von-ungefaehr)

Sonntag, 25. September 2011

Zwei Hörbeiträge zur Briefkultur

Das Problem:
"Die Blütezeit des Briefschreibens, als Kunst angesehen, ist heutzutage, wenigstens in der ganzen abendländischen Kulturwelt, wohl vorüber. Durch die enormen Erleichterungen des schriftlichen und mündlichen Verkehrs, welche die Eisenbahnen, Telegraphen und Dampfschiffe und die Entwickelung des Postwesens herbeigeführt haben, hat sich die Anzahl der Briefe in riesigem Maßstab vermehrt, aber sowohl der Umfang als die künstlerische Form der Briefe einen auffallenden Rückgang erfahren. Während man früher, um an Porto zu sparen, selten, aber dafür desto ausführlicher schrieb, ist bei einem Telegramm oder in einer Postkarte das Hauptstreben auf Kürze gerichtet." (Meyers Konversationslexikon 1885-1892; Quelle: http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=102729)

Nun die versprochenen Hörbeiträge:
1.)Musikalisch: Simon and Garfunkel — Why Don't You Write Me


2.)Humoristisch: Karl Valentin und Liesl Karlstadt - Des Freundes Brief


Die Lösung:
Empfänger wählen. Brief schreiben und frankieren. Brief versenden.
Antwortbrief erhalten.Sterbende Kulturtechnik retten.

Um es in den Worten der Deutschen Post zu formulieren:"Mit dem Standard-, Kompakt-, Groß- und Maxibrief sowie der Postkarte erreichen Sie jeden Empfänger."

Samstag, 24. September 2011

Lesen ist ebenso nützlich wie reizend

(Winslow Homer, The New Novel (1877))

Lesen ist ebenso nützlich wie reizend. Wenn ich lese, bin ich ein harmloser, stiller netter Mensch und begehe keine Torheiten. Eifrige Leser sind sozusagen ein stillvergnügtes Völkchen. Der Leser hat seinen hohen, tiefen, langanhaltenden Genuß, ohne daß er jemandem im Weg ist oder jemandem etwas zu leid tut. Ist das nicht vortrefflich? Das will ich meinen! Wer liest, ist weit davon entfernt, böse Pläne zu schmieden. Eine anziehende und unterhaltende Lektüre hat das Gute, daß sie uns zeitweise vergessen macht, daß wir böse, streitsüchtige Menschen sind, die einander nicht in Ruhe lassen können. Wer vermöchte diesem freilich ziemlich traurigen, wehmutseinflößenden Satz zu widersprechen? Gewiß lenken uns Bücher oft auch von nützlichen und dienlichen Handlungen ab; im großen und ganzen muß aber dennoch das Lesen als segensreich gepriesen werden, wenn es erscheint durchaus nötig, daß sich unserem ungestümen Erwerbstrieb eine Bändigung und unserem oft rücksichtslosen Tatendrang eine Betäubung sanft entgegenstellt. Ein Buch ist gewissermaßen eine Fessel; man spricht nicht umsonst von fesselnder Lektüre. Ein Buch bezaubert, beherrscht uns, hält uns in seinem Bann, übt also Macht auf uns aus, und wir lassen uns eine derartige Gewaltherrschaft gern gefallen, denn sie ist eine Wohltat.
(Walser, Robert: Ein Buch bezaubert, beherrscht uns)

Donnerstag, 22. September 2011

"...Grausamkeiten, die ins Phantastische spielten"

(The Bloody Countess by S. Caruso)

"Er war der Sohn eines Professors, Enkel eines Thronanwärters in einem Balkanland, war albern, liebte Kostümierungen, liebte Grausamkeiten, die ins Phantastische spielten. Mit reger Anteilnahme las er von Rittern, die ihre Frauen zwangen, das vorzüglich zubereitete Herz ihrer Geliebten zu verspeisen; von einem gewissen jungen Adligen, welcher seine Tante aus Rache in aller Öffentlichkeit und vor versammeltem Gefolge zu demütigen pflegte; von Vorfällen im elften Jahrhundert ähnlich denen in der Tschubarowka, reifen Töchtern, die in Fässern ins Meer geworfen wurden, um sich von ihrer Schande reinzuwaschen; ihn interssierten Königsgeschlechter in erster Generation, die sich von Inkuben herleiten, und das Geschlecht der Lusignaner reizte seine Einbildung, da es von Melusine abzustammen vorgab, welche halb Frau, halb Schlange war." (Konstantin Waginow - Bambocchiade)

Dienstag, 20. September 2011

Sport und geistiges Schaffen

(Illustration v. Edmund Dulac)

BRECHT: SPORT UND GEISTIGES SCHAFFEN
Ich muß zugeben, daß ich die These, Körperkultur sei die Voraussetzung geistigen Schaffens, nicht für sehr glücklich halte. Es gibt wirklich, allen Turnlehrern zum Trotz, eine beachtliche Anzahl von Geistesprodukten, die von kränklichen oder zumindest körperlich stark verwahrlosten Leuten hervorgebracht wurden, von betrüblich anzusehenden menschlichen Wracks, die gerade aus dem Kampf mit einem widerstrebenden Körper einen ganzen Haufen Gesundheit in Form von Musik, Philosophie oder Literatur gewonnen haben. Freilich wäre der größte Teil der kulturellen Produktion der letzten Jahrzehnte durch einfaches Turnen und zweckmäßige Bewegung im Freien mit großer Leichtigkeit zu verhindern gewesen, zugegeben. Ich halte sehr viel von Sport, aber wenn ein Mann, lediglich um seiner zumeist durch geistige Faulheit untergrabenen Gesundheit auf die Beine zu helfen, »Sport« treibt, so hat dies ebensowenig mit eigentlichem Sport zu tun, als es mit Kunst zu tun hat, wenn ein junger Mensch, um mit einem Privatschmerz fertig zu werden, ein Gedicht über treulose Mädchen verfaßt. Einige Leute, die vermutlich der Seifenindustrie nicht ganz fernstehen, haben versichert, daß der Zivilisationsstand eines Volkes an seinem Seifenverbrauch kontrolliert werden könnte. Demgegenüber setze ich vollstes Vertrauen in Männer wie Michelangelo, daß sie auch durch einen völlig unmäßigen Gebrauch von Seife nicht hätten gehindert werden können, die Zivilisation zu bedrohen.

Sonntag, 18. September 2011

Die letzte Nacht...


"»Was würdest du tun, wenn du wüßtest, daß heute die letzte Nacht der Welt anbricht?«
»Was ich tun würde? Meinst du das im Ernst?«
»Ja, absolut.«
»Ich weiß nicht. Ich habe nie darüber nachgedacht.«
Er goß Kaffee ein.[...]Der angenehme, reine Duft des frisch aufgebrühten Kaffees lag in der Abendluft.
»Es wäre gut, wenn du dir jetzt einmal darüber Gedanken machtest«, sagte er.
»Das kannst du nicht ernst meinen!«
Er nickte.
»Ein Krieg?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nicht die Wasserstoff- oder die Atombombe?«
»Nein.«
»Oder ein Krieg mit biologischen Waffen?«
»Nichts dergleichen«, antwortete er, während er langsam seinen Kaffee umrührte. »Ich möchte es ganz einfach so formulieren: ein Buch wird geschlossen.«
»Ich glaube, das verstehe ich nicht.«"

(Ray Bradbury - Der illustrierte Mann; Die letzte Nacht der Welt)

Freitag, 16. September 2011


(Calvin and Hobbes - Bill Watterson)

Donnerstag, 15. September 2011

Gedichts-verhandlung V - Ursula Krechel: Nachtrag

(Künstler: Luigi Conconi)

Nachtrag

In den alten Büchern
sind die Liebenden vor Liebe
oft wahnsinnig geworden.
Ihr Haar wurde grau
ihr Kopf leer
ihre Haut fahl
vor Liebe, lese ich.

Aber nie ist jemand
wahnsinnig geworden
aus Mangel an Liebe
die er nicht empfand.
Auch das steht
in den alten Büchern.

So hätte denn der Mangel
einmal sein Gutes.

Mittwoch, 14. September 2011

Ars amatoria


Kernthese: Wir alle streben nach kurzfristiger oder langfristiger Zweisamkeit. Und da wir mehrheitlich mit den Schritten zur Herstellung dieses Zustandes völlig überfordert sind, ist ein signifikanter Anteil der Gesamtbevölkerung stets auf der Suche nach einer Anleitung. Einem Wegweiser. Einem Spickzettel.

Daher gab es stets findige Personen, die aus diesem Herzenswunsch Profit schlugen.Das Ergebnis: eine Schrankwand voller "Dating- und Beziehungsratgeber". Dass dies jedoch kein Phänomen der sogenannten Moderne ist, gilt es nun zu beweisen. Eines der eindrucksvollsten Werke mit eben jenem Themenschwerpunkt entstand nämlich vor Beginn unserer Zeitrechnung.
Und da der Wunsch nach Liebe zu den Konstanten der Menschheitsgeschichte zählt, hat es kaum an Aktualität verloren...wenn wir einmal ausklammern, dass man Damen nicht mehr bei Gladiatorenkämpfen kennen lernen kann (kein Witz...darüber gibt es ein ganzes Kapitel).

Die vom römischen Dichter Publius Ovidius Naso verfasste "Ars amatoria"(lat. Liebeskunst) ist ein Lehrgedicht über die Liebe in drei Büchern und entstand um das Jahr 1 v. Chr.
Abgehandelt werden drei wichtige Themenkreise:

1. Wo kann man in Rom ein Mädchen kennenlernen?
2. Wie kann man ihre Liebe gewinnen?
3. Wie behält man sie?

Interessant ist, dass diesem Bestseller (These: hätte es nicht eine größere Anzahl von Exemplaren gegeben, wäre der Text nicht überliefert)ein an die weibliche Leserschaft gerichtetes Werk mit dem Titel "Die Schule der Frauen" folgte. Als Grund führt der Dichter Gleichberechtigung an, denn "unbillig wärs, wolltet wehrlose Fraun ihr bewaffnet bekämpfen, und ein Sieg solcher Art stünde euch, Männer, schlecht an".

Genug der Vorrede. Kommen wir zu dem Zitat, mit dem meine Begeisterung für dieses Werk vor langer Zeit (im ersten Semester) begann:

Geschenke
Heilige Scheu einflöße dir stets der Freundin Geburtstag;
Und schwarz heiße der Tag, wo man Geschenke verlangt.
Weichst du auch aus, sie wird sie erlangen doch; eines Verliebten
Beutel zu rupfen versteht Mittel zu finden das Weib.
Zur kauflustigen Dame wird kommen ein schlumpiger Krämer,
Wird auslegen sein Zeug, während du sitzest dabei.
Dies dann sollst du besehn, damit du als Kenner dich zeigest;
Dann wird küssen sie dich, bitten zu kaufen dich dann.
Damit zufrieden zu sein auf längere Jahre dir schwört sie;
Jetzt sei nöthig es ihr, spricht sie, und billig der Kauf.
Schützest du vor, du habest kein Geld zu Hause zu geben,
Fordert die Handschrift man; selber die Schule ist schlimm.
Und wie, wenn ein Geschenk zum Angebinde sie fordert
Und so oft sie es braucht, selber geboren sich wird?
Wie, wenn niedergedrückt von erlognem Verluste sie jammert,
Sagt, aus dem Läppchen des Ohrs sei ihr gefallen ein Stein?
Vieles erbitten sie sich zum Gebrauch, was nie sie erstatten;
Weg ist's; keinerlei Dank hast du bei deinem Verlust.
Wollt' ich die schurkischen Künste der Dirnen verfolgen, es wären
Zehn der Münde mir nicht, zehen der Zungen genug.


Ich finde das ungemein unterhaltsam.
Kommen wir zu den Ratschlägen:

Körperpflege
Doch es gefalle dir nicht, mit dem Eisen die Haare zu kräuseln;
Auch mit beißendem Bims glätte die Schenkel dir nicht.
[…]Männern geziemt versäumte Gestalt.[...]
Sauberkeit sei dir lieb, gebräunt der Körper vom Campus;
Passend und fleckenlos, sitze die Toga dir gut.
Starr nicht klebe die Zunge, von Rost frei seien die Zähne;
Und in zu weitem Schuh schlappe der Fuß nicht herum.
Auch entstelle die Schur das steife Haar nicht zum Schimpfe;
Haar geschnitten und Bart sei dir von kundiger Hand.
Laß die Nägel auch nicht vorragen und halte sie schmutzfrei;
Und aus dem Nasenloch stehe kein Haar dir heraus.
Nicht beschwerlich auch sei der Hauch schlimm riechenden Mundes;
Ziegen-Vater und Mann setze der Nase nicht zu


Und nun etwas Hilfestellung für die Damenwelt (das ist so grausam, dass es schon wieder lustig ist):

Vom Lachen, Weinen und Schreiten
Der aus dem Munde es riecht, die hüte sich nüchtern zu sprechen
Und steh' immer ein Stück ab vom Gesichte des Manns.
Wenn die Zähne dir schwarz, zu groß sind, oder nicht richtig
Stehen; so wirst du viel Schaden durch Lachen dir thun.
Ja – wer sollte es glauben? – es lernen auch Lachen die Mädchen;
Und hierinnen auch sucht man für die Schönheit Gewinn.
Mäßig nur öffnet den Mund, daß kleine Grübchen entstehen;
Und das Zahnfleisch sei stets von den Lippen bedeckt.
Spannet den Leib auch nicht in unaufhörlichem Lachen;
Sanft nur, ich weiß nicht wie, klinge und weiblich der Ton.
Manche verziehn das Gesicht beim Lachen wol bis zur Verzerrung;
Andere weinen, so scheint's, sind sie im Lachen vergnügt.
Heiser erschallt bei Andern und gar unlieblich das Lachen,
Wie bei der Mühle Geknarr häßlicher Esel Geschrei.
Alles durchdringt die Kunst. Anmuthig auch lernen sie weinen;
Wann sie nur wollen und wie, sind sie zu heulen bereit.
Ja, Buchstaben beraubt man sogar des gehörigen Lautes,
Nöthigt zu stammeln die Zung' in dem befohlenen Wort.
Anmuth liegt in dem Fehler, ein Wort schlecht wiederzugeben;
Minder zu sprechen verstehn lernet man, als man verstand.
Auf dies Alles verwendet – es nützt euch – sorgliche Pflege,
Eueren Körper auch lernt tragen mit weiblichem Halt.
Nicht der mindeste Theil der Anmuth liegt auch im Gange.
Männer, euch unbekannt, lockt er und scheucht er hinweg.
Kunstreich wendet sich diese und fängt mit dem flatternden Kleide
Auf die Luft; und gestreckt trägt sie die Füße voll Stolz.
Gleich des Umbrischen Manns rothbäckigem Ehegemahle
Schreitet Jene und macht mächtige Schritte gespreizt.
Aber es sei auch hier, wie überall, Maaß. Es erscheinet
Diese Bewegung im Gang bäuerisch, jene geziert.
Aber der untere Theil der Schulter, der ob're des Armes
Bis an die linke Hand zeige dem Auge sich bloß.
Das steht euch vorzüglich, ihr Weißen. So oft ich das sehe,
Habe die Schulter, soweit möglich, zu küssen ich Lust.
Wunder des Meers, die Sirenen vermochten mit reizender Stimme
Aufzuhalten im Lauf selber das rascheste Schiff.


Wem das gefallen hat, dem gefällt auch der Rest.
Eine digitale Volltextversion findet sich hier:
http://gutenberg.spiegel.de/autor/451

Dienstag, 13. September 2011

Das sind die Tage...



Das sind die Tage
wo die Anfänge schweigsame, ferne
Gesichter hinter Zigaretten sind,
in denen ich alt und träge werde,
wenn ich das Tippeln der Leute
über Fliesen höre und ich mit
ins Getriebe der Straßen, in die
Rhytmenschübe hasten muss.

Das sind die Tage, wo alles staubt
und zerrt, weil die Stadt die
Treiberpeitsche schwingt -
das sind die Tage, da weht
die Welt.



(Michael Stinshoff
(Erstveröffentlichung 1989)
in: TRAUMAberlin)

Freitag, 9. September 2011

All Hallow’s Read



Bücher sind zu einer gefährdete Spezies geworden.
Da die Population, trotz langjähriger Bemühungen um effiziente Nachzuchtprogramme, ständig sinkt, ist nun das Engagement bibliophiler Privatleute gefragt. Das moderne Buch ist nicht mehr in der Lage sich eine eigene Höhle oder ein Nest zu bauen. Es ist auf buchliebe Menschen angewiesen, die ihm auf einem Regalbrett einen buchfreundlichen Lebensraum einrichten.

Neil Gaiman hat nun ein Projekt gestartet, das bahnbrechende Erfolge im Bereich der flächendeckenden Auswilderung verspricht.
Alle für eine Teilnahme nötigen Informationen finden sie hier: http://www.allhallowsread.com/

Hier noch ein paar einführende Worte:
"All Hallow’s Read is a Hallowe’en tradition. It’s simply that in the week of Hallowe’en, or on the night itself, you give someone a scary book.[...]
You can give out scary books or comics to trick or treaters on Hallowe’en if you want to, obviously. (We recommend looking the child in the eye and saying, “Take it. Read it. Trust me… around here… a book can be… safer than candy.” Then chuckling to yourself, as if remembering something unfortunate that happened to some of the local children only last year.)"


Ich dachte ich informiere mal frühzeitig. Denn die Idee ist irgendwie genial und unterstützenswert...

Gastbeitrag: Mark Oliver Everett - Things the Grandchildren should know

Vor einiger Zeit überredete mich der Christian, wohl mit Abstand
der musikbegeistertste Mensch in meinem Freundeskreis, einen Gastbeitrag mit
musikalischer Thematik zu verfassen. Da ich Musik normalerweise passiv
erlausche und eher selten aktiv beurteile oder reflektiere, war das eine
ziemliche Herausforderung. Wie ich die gemeistert habe lässt sich hier
beurteilen:
http://www.tantepop.de/2011/06/gastbeitrag-die-kunst-der-wiederholung.html

Ich hatte also seit Juni einen Gastbeitrag gut, den habe ich jetzt mal
eingefordert. Mit der Themeneinschränkung, es müsse um Literatur gehen
(,denn darum geht es hier mehrheitlich). Was ich daraufhin zugesandt bekam ist
eine Buchbesprechung mit musikalischem Innenleben. Nicht unbedingt das, was
man hier sonst zu lesen bekommt, aber gerade deshalb ein ganz wunderbar
bewusstseinserweiternder Beitrag, lest selbst:


When I was a little kid I was in love with my mom, and obsessed with her breasts. There, I said it. Years later I would learn in therapy that this admission was actually one of the more normal things about my upbringing.She was very childlike in some ways and seemed to live her life to help others as much as she could. But she was raised by her New England family not to show emotion and could unwittingly be cruel and overly critical. And she was prone to random crying jags that left me feeling helpless. It was tough for me because I needed a mother and, as a result, still do (it's OK, ladies, I know it's not gonna happen, and I'm OK with it).
- Mark Oliver Everett: Things the Grandchildren should know. Seite 19.



Wenn Rockstars Bücher schreiben sei Vorsicht geboten. Es kommt nicht von
ungefähr, dass sie meistens einfach gestrickte, kurze Texte vertonen und
sich im Normalfall nicht an Romanen abarbeiten. Gelungene Autobiografien
müssen deshalb gelobt werden.

Zu dieser Gattung gehört Things the Grandshildren should know von
Mark Oliver Everett, besser bekannt als Mr. E, Kopf seines
ständig im Wandel befindlichen Bandprojektes namens Eels. Der Name
des im Jahre 2008 erschienenen Buches ist dem gleichnamige Eels-Stück vom
monumentalen Doppelalbum Blinking lights and other revelations aus
dem Jahr 2005 entnommen.



Dass Mr. E harte Zeiten gehabt haben muss spürt man bereits beim
Anhören seiner Werke, allen voran das in seiner Morbidität kaum zu
übertreffende Album Electro-Shock Blues von 1998.

Natürlich waren auch schon vor dem Erscheinen seiner Autobiografie viele
Details aus seiner Vergangenheit bekannt, aber es aus der Feder des
Betroffenen zu lesen offenbart erst die ganze Tragweite der
Schicksalsschläge, und füllt die knappen Eckdaten mit Leben und, ich nenne
es mal Anekdoten.

Die Sprache ist sehr direkt, man merkt deutlich, dass hier kein
professioneller Autor schreibt, aber gerade das vermittelt dem Leser ein
Gefühl der Authentiziät, auch wenn bekannt ist, dass er seinen Rückblick
nachweislich frisiert hat.

Die Tragik der beschriebenen Geschehnisse ist durch Einzelgängertum und Tod
bestimmt. 1982, als er 19 Jahre alt ist, stirbt sein Vater, der berühmte
Physiker Hugh Everett III. Als er seine Leiche entdeckt und versucht ihn
wiederzubeleben, war das der innigste körperliche Kontakt den sie jemals
hatten. All die Jahre davor hat er nur wenige Sätze mit seinem Vater
geredet, und beiden waren sich gegenseitig ein Rätsel. Seine Schwester Liz
war eh und je depressiv und ist schließlich in die Hände zwielichtiger Typen
geraten – sie nahm sich 1996 während des Erscheinens des ersten Eels-Albums
Beautiful Freak das Leben. Das, und eine unheilbare Krebserkrankung
seiner Mutter kurz danach, führten zum düsteren Electro-Shock Blues Album.
Sie verstarb übrigens während der Tour zum Album. Nun hatte er sämtliche
Verwandte verloren bis auf eine Cousine, die allerdings am 11.9.2001 in
einem der entführten Flugzeuge umkam. Der Tod verfolgt einen im Buch, und
man denkt immer, nun muss doch endlich mal Schluss sein, doch dann
passieren sterben alle paar Seiten irgendwelche Freunde und Bekannte.

Der Rest des Werks besteht aus typischen Lebensgeschichten. Er verlässt 1987
sein Heimatkaff in Virginia und wohnt jahrelang sinnentleert in Los Angeles.
Natürlich gibt es jede Menge Frauengeschichten, wobei er einen Hang zu sehr
komplizierten (vielleicht auch gestörten) Persönlichkeiten hat. Muss wohl an
der nicht gerade normalen Familie liegen. Das ist auf jeden Fall
unterhaltsam, auch wenn der Wahrheitsgehalt sicherlich eher so Medium sein
dürfte.

Zweifelsohne kann man davon ausgehen, dass jeder, der sowas schreibt, das
ein oder andere zensiert, so auch bei Mr. E. Eine Stelle, bei der man
das weiß, ist das Jahr 1985. Im Buch sind die 5 Jahre zwischen dem Tod
seines Vaters und dem Umzug nach Los Angeles ein recht großes Loch. Aus dem
Jahr 1985 stammt allerdings sein allererstes Album, auf das man ihn aber
besser nicht persönlich ansprechen sollte. Er versucht alles, um dessen
Verbreitung zu verhindern, weil es ihm wohl höchst unangenehm ist. Nunja,
man kommt seit einiger Zeit trotzdem an das Material, und es ist gar nicht
so schlecht wie man vermuten würde. Zumindest müssen diese Aufnahmen für den
damals 23jährigen Mark Oliver eine sehr große Sache gewesen sein. Dass so
was vollständig ausgeblendet wird, wirkt schon etwas sehr skurril. An der
ein oder anderen Stelle sind wohl ähnliche Lücken, deren eigentlicher Inhalt
ziemlich spannend sein könnte. Andererseits geht er teilweise sehr
schonungslos in die Tiefe, vor allem bei den schon erwähnten Beziehungen
sowie seinen präkeren Lebensumständen und Geistesverfassungen in den ersten
5 Jahren nach dem Umzug.

Tragik, Komik, Selbstmitleid und Erfolgsgeschichte sind eng miteinander
verstrickt. Das Buch ist sehr lebendig und reflektiert.

Wer jetzt Interesse an dieser Lebensgeschichte hat, aber sich noch nicht zum
Buchkauf entschließen kann, sollte unbedingt die großartige Dokumenation
Parallel worlds, parallel lives anschauen, in der Mr. E zum
ersten mal auf die Spuren seiner Ahnen geht und nebenbei verständlich
erklärt wird, was es mit der damals wie heute bahnbrechenden Theorie seines
Vaters auf sich hat. Dessen Biografie ist nämlich ähnlich interessant.
Hoffen wir, dass uns Mr. E deutlich länger erhalten bleibt.


Dank an Christian für seinen Beitrag.
Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass er (aber nicht er allein) einen lesenswerten Musikblog mit dem einprägsamen Namen www.tantepop.de hat, den ich euch abschließend wärmstens empfehlen möchte!






Mittwoch, 7. September 2011

The Sound of ... Fantasy


...die Musik ist so ungemein erhebend...das klingt genau, wie sich gute Fantasy Literatur anfühlt...dafür sollte man dem Komponisten unaufgefordert größere Mengen an Blumen zukommen lassen.

Lassen wir noch kurz den Autor dieses wundervollen Werkes zu Wort kommen:
"The best fantasy is written in the language of dreams. It is alive as dreams are alive, more real than real... for a moment at least... that long magic moment before we wake. Fantasy is silver and scarlet, indigo and azure, obsidian veined with gold and lapis lazuli. Reality is plywood and plastic, done up in mud brown and olive drab. Fantasy tastes of habaneros and honey, cinnamon and cloves, rare red meat and wines as sweet as summer. Reality is beans and tofu, and ashes at the end. Reality is the strip malls of Burbank, the smoke-stacks of Cleveland, a parking garage in Newark. Fantasy is the towers of Minas Tirith, the ancient stones of Gormenghast, the halls of Camelot. Fantasy flies on the wings of Icarus, reality on Southwest airlines. Why do our dreams become so much smaller when they finally come true?
We read fantasy to find the colors again, I think. To taste strong spices and hear the song the sirens sang. There is something old and true in fantasy that speaks to something deep within us, to the child who dreamt that one day he would hunt the forests of the night, and feast beneath the hollow hills, and find a love to last forever, somewhere south of Oz and north of Shangri-La.
They can keep their heaven. When I die, I'd sooner go to Middle Earth."

(George R. R. Martin - The Faces of Fantasy (1996))

...schön gesagt, Mr. Martin.

Sonntag, 4. September 2011

Cake-Walk für Einsteiger

"Ich weiß, daß wir nicht viel getrunken hatten und dennoch unter jenem feinen, unmerklichen Rausche standen, der uns manche Worte nur wie von weitem hören läßt, und wie ihn die Nachtstunden bringen, wenn Zigarettenrauch und Weiberlachen und seichte Musik uns umhüllt. Daß aus einer Cancanstimmung wie dieser – aus einer Atmosphäre von Zigeunermusik, Cake-Walk und Champagner ein Gespräch über phantastische Dinge auftauchen konnte?!" (Gustav Meyrink - Bal macabre)

...alles relativ nachvollziehbar. Aber was ist ein "Cake-Walk"? Das folgende Video hat alle Unklarheiten beseitigt. Darüber hinaus ist es zeitgleich ungemein historisch bildend und beschwingt unterhaltsam. Darum zeige ich es einfach hier.



Samstag, 3. September 2011

Das Leben ist wie ein...


"Schon wieder ist Winter. Das ist so ein Satz, den kann man nicht denken, ohne ihn gleich als Metapher aufzuladen. Der Satz heißt eigentlich: Es ist sehr viel Zeit vergangen, aber es ist fast nichts passiert. Jetzt ist bald alles zu Ende. Wir müssen alle sterben. Die Welt ist schlecht. Ich bringe mich um. Nordkorea greift den Süden an. Atomkrieg. Die Menschheit wird ausgerottet, das Universum wird zu einem riesigen schwarzen Loch, sodass selbst Gott sterben muss. [...]Ja,ja, ich weiß, was du sagen willst, ich gebe immer unwichtigen Details eine zu große Bedeutung, bausche Tatsachen zu Symbolen auf, von denen ich nicht mal weiß, was sie bedeuten. Ich sehe zwar auch die Absurditäten des alltäglichen Lebens und der Leistungsgesellschaft, die ich aber wiederum mit uneindeutigen Bedeutungen auflade, und am Ende macht mich das alles unbestimmt traurig. [...]Das Leben ist wie ein Film von Sofia Coppola. [...] Die ganze Zeit passiert nichts, aber das hat immer wahnsinnig viel zu bedeuten, man weiß aber nicht was. Und irgendwie ist das dann immer traurig und lustig zugleich. [...]Auch immer diese Sätze mit "Das Leben ist wie ein..." oder so. Das ist wirklich furchtbar selbstmitleidig und verallgemeinernd. Das Leben ist wie ein Film. Oho. Das hat ja noch nie jemand vor mir gedacht." (Sebastian Lehmann-Sebastian)

Donnerstag, 1. September 2011

Eskapismus als Pflicht


"I have claimed that Escape is one of the main functions of fairy-stories, and since I do not disapprove of them, it is plain that I do not accept the tone of scorn or pity with which 'Escape' is now so often used. Why should a man be scorned if, finding himself in prison, he tries to get out and go home? Or if he cannot do so, he thinks and talks about other topics than jailers and prison-walls?[...]Fantasy is escapist, and that is its glory. If a soldier is imprisioned by the enemy, don't we consider it his duty to escape?[...]If we value the freedom of mind and soul, if we're partisans of liberty, then it's our plain duty to escape, and to take as many people with us as we can!"(J.R.R. Tolkien - On Fairy-Stories )