Samstag, 14. Mai 2011

Michail Bulgakow - Der Meister und Margarita



"Sie hatte widerliche Blumen von beängstigendem Gelb in der Hand. Weiß der Teufel, wie sie heißen, aber die sind die ersten, die man in Moskau bekommt. Diese Blumen hoben sich deutlich von ihrem schwarzen Frühjahrsmantel ab. Gelbe Blumen trug sie! Eine ungute Farbe. Sie bog in eine Gasse ein und drehte sich um. [...]ich schwöre Ihnen, sie sah nur mich, und ihr Blick war irgendwie krankhaft. Mich beeindruckte nicht so sehr ihre Schönheit wie die ungewöhnliche Einsamkeit in ihren Augen, eine nie gesehene Einsamkeit! [...]Es war qualvoll für mich, denn mir schien, ich müsse mit ihr reden, aber ich fürchtete, ich würde kein Wort herausbringen und sie würde weggehen und ich würde sie nie wieder sehen. Und stellen Sie sich vor, plötzlich sagte sie: „Gefallen Ihnen meine Blumen?“
Ich erinnere mich genau, wie ihre Stimme klang, ziemlich tief, aber brüchig [...] Ich ging rasch zu ihr hinüber und antwortete: „Nein!“
Sie sah mich verwundert an, und plötzlich, völlig unerwartet, wurde mir bewusst, dass ich gerade diese Frau schon mein Leben lang geliebt habe.
Die Liebe sprang uns an, wie ein Mörder in einer dunklen Gasse sein Opfer anspringt, und traf uns beide. So schlägt ein Blitz ein, so stößt ein Finnenmesser zu! Sie pflegte übrigens später zu sagen, so sei es nicht gewesen, wir hätten einanderer schon seit langem geliebt, ohne uns zu kennen, ohne uns je gesehen zu haben.“

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